Eine eventuelle Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB ist bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Elternunterhalt zu berücksichtigen.

 Der Sachverhalt:

Der heute 75-jährige S. ist der Vater des Antragsgegners. Er wird seit Anfang 2010 von einem Pflegedienst in der eigenen Wohnung betreut und versorgt und bezieht laufende Sozialhilfe (Hilfe zur Pflege). Der Antragsteller ist ein Sozialhilfeträger und verlangt vom Antragsgegner aus übergegangenem Recht nach § 94 SGB XII für den Zeitraum ab Januar 2012 Elternunterhalt. Dieser lebt in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, aus der eine im Dezember 2008 geborene Tochter hervorgegangen ist. Seine Lebensgefährtin ist geschieden. Zwei aus ihrer Ehe stammende minderjährige Kinder leben ebenfalls im gemeinsamen Haushalt. 

AG und OLG haben den Antragsgegner zur Zahlung rückständigen und laufenden Elternunterhalts verpflichtet. Dabei war das Gericht u.a. davon ausgegangen, dass sich der Antragsgegner nicht - wie ein verheirateter Unterhaltsschuldner - auf einen erhöhten Familienselbstbehalt berufen könne, da er schließlich seiner Lebensgefährtin nicht zum Familienunterhalt verpflichtet sei. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners hat der BGH die Entscheidung der Vorinstanzen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.

Die Gründe:

Die angefochtene Entscheidung konnte keinen Bestand haben. Das OLG wird im weiteren Verfahren Grund und Höhe eines vorrangig zu berücksichtigenden Anspruchs auf Betreuungsunterhalt feststellen müssen.

Zwar kann sich ein Unterhaltspflichtiger, auch wenn er mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt und für den gemeinsamen Unterhalt aufkommt, nicht auf einen Familienselbstbehalt berufen. Eine eventuelle Unterhaltspflicht ist allerdings als sonstige Verpflichtung i.S.v. § 1603 Abs. 1 BGB vorrangig zu berücksichtigen. Ist nämlich das gemeinsame Kind - wie hier - älter als drei Jahre, steht dem betreuenden Elternteil nach § 1615 l Abs. 2 S. 4 BGB weiterhin ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind sowohl kind- als auch elternbezogene Gründe zu berücksichtigen.

Da im vorliegenden Fall keine kindbezogenen Verlängerungsgründe festgestellt worden waren, kamen lediglich elternbezogene Gründe in Betracht. Solche können bei zusammenlebenden Eltern auch darin liegen, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind im Einvernehmen mit dem anderen Elternteil persönlich betreut und deshalb voll oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Eine rechtsmissbräuchliche Ausgestaltung des familiären Zusammenlebens zu Lasten des Unterhaltsanspruchs des Vaters war hier nicht ersichtlich.

Quelle: Advo Expert