Eine Person, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen hat, darf nicht gezwungen sein, ihre zuvor geschlossene Ehe für ungültig erklären zu lassen, wenn sie eine Ruhestandsrente ab dem für Angehörige des erworbenen Geschlechts geltenden Alter in Anspruch nehmen möchte. Eine solche Voraussetzung stellt eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar.

Der Sachverhalt:
Die Richtlinie 79/7/EWG verbietet in Bezug auf staatliche Leistungen einschließlich Alters- und Ruhestandsrenten die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Die Richtlinie sieht eine Ausnahme von diesem Verbot vor, die es Mitgliedstaaten gestattet, die Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Alters- oder Ruhestandsrente von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen. Das Vereinigte Königreich hat hiervon Gebrauch gemacht, wobei das Rentenalter für vor dem 6.4.1950 geborene Frauen 60 Jahre und jenes für vor dem 6.12.1953 geborene Männer 65 Jahre beträgt.

M wurde 1948 geboren und bei der Geburt als männlich eingetragen. 1974 heiratete er eine Frau. Im Jahr 1991 begann M als Frau zu leben, und im Jahr 1995 unterzog sie sich einer operativen Geschlechtsumwandlung. M verfügt jedoch über keine vollständige Bescheinigung über ihre Geschlechtsumwandlung, die nach der nationalen Regelung nur nach Ungültigerklärung ihrer Ehe ausgestellt worden wäre. M und ihre Frau wollten aus religiösen Gründen verheiratet bleiben. (Die Rechtslage im Vereinigten Königreich hat sich zwischenzeitlich geändert. Das Gesetz von 2013 über die gleichgeschlechtliche Ehe trat Ende 2014 in Kraft und erlaubt gleichgeschlechtlichen Paaren mittlerweile die Eheschließung. Die Ausschüsse für die Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit müssen nunmehr jedem verheirateten Antragsteller eine vollständige Bescheinigung über die Anerkennung der neuen Geschlechtszugehörigkeit erteilen, wenn dessen Ehepartner zustimmt).

Im Jahr 2008 vollendete M das 60. Lebensjahr und stellte daher einen Antrag auf Erhalt der staatlichen Ruhestandsrente. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass sie mangels einer vollständigen Bescheinigung über die Anerkennung ihrer Geschlechtsumwandlung in Bezug auf das Rentenalter nicht als Frau behandelt werden könne. Gegen diese Entscheidung erhob M Klage bei den britischen Gerichten. Sie ist der Ansicht, die Bestimmung, wonach sie nicht verheiratet sein dürfe, stelle eine gegen das Unionsrecht verstoßende Diskriminierung dar. Der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs möchte in diesem Zusammenhang vom EuGH wissen, ob eine solche Situation mit der Richtlinie vereinbar ist.